Wie aus der Bundestagsarena die Jauch-Kuppel wurde
Im Jahre 2006 fand die Fußball-Weltmeisterschaft in Deutschland statt. Als Gastgeber war vor allem Berlin weltmeisterlich. Die Bundestagsverwaltung unter dem damaligen Präsidenten Norbert Lammert, der erst ein Jahr im Amt war, hatte eine geniale, aber teure Idee. In Sichtweite des Reichstagsgebäudes entstand die Bundestagsarena, die der Kuppel des Parlamentsgebäudes nachempfunden wurde. 2,5 Mio. Euro kostete das Projekt. Vom 7. Juni bis 9. Juli 2006 fanden zahlreiche Veranstaltungen unter der Kuppel statt. Konstruiert war die Kuppel nachhaltig, sodass sie wieder demontiert und eingelagert werden konnte, also nicht auf dem Müll der Geschichte landen musste. 100 Tonnen Gewicht, 3.000 Einzelteile, 21 Meter hoch, 32 Meter Durchmesser.
2008 hatte Reinhard Müller das ehemalige GASAG-Gelände in Schöneberg gekauft. Er überlegte, wie er den denkmalgeschützten Gasometer einer sinnvollen Nutzung zuführen könnte. Ein Freund von Müller erzählte ihm an einem Samstagabend, dass die Bundestagsarena in einem großen Zelt im brandenburgischen Fürstenwalde eingelagert sei. Das auf Veranstaltungs- und Ausstellungsbau spezialisierte, international tätige Schweizer Unternehmen Nüssli, hatte 2006 die Kuppel aufgebaut und seitdem verwahrt. Müller besorgte sich die Maße und stellte noch am Wochenende die Kuppel mittels einer Computer-Simulation in den Gasometer. Sie passt, war das Ergebnis. Müller setzte sich mit Nüssli in Verbindung und am Montagabend gehörte die Kuppel ihm.
Der damalige Schöneberger Baustadtrat Bernd Krömer genehmigte den Einbau. Seinem Mut ist die Erfolgsgeschichte der Kuppel im Gasometer zu verdanken, sagt Reinhard Müller.
Und so begann am 6. August 2009 mit dem Richtfest das zweite Leben der Bundestagsarena. Die Liste der Veranstaltungen, die nicht unter der Kuppel in den letzten zwölf Jahren stattfanden, ist kürzer als die mit den durchgeführten. Klima- und Mobilitätsgipfel, Ausstellungen, Parteitage, Filmpremieren und vieles mehr.
Bundeskanzlerin Angela Merkel war Stammgast im Gasometer. Am 13. Juni 2017 herrschte Ausnahmezustand rund um den Gasometer beim Afrika-Gipfel, zu dem die Bundeskanzlerin eingeladen hatte. Alle Staats- und Regierungschefs des Kontinents folgten der Einladung.
Deutschlandweite Berühmtheit erlangte die Kuppel in den Jahren 2011 bis 2015, als Günther Jauch von hier aus seine sonntägliche Talk-Sendung ausstrahlte. Seitdem ist sie als Jauch-Kuppel bekannt. Jauchs Gäste haben sich mit Unterschriften auf den Tischen im Restaurant Schmiede verewigt, wo die After-Show Partys stattfanden.
Am 12. Januar 2021 begann nun der Abbau der Kuppel. Nicht, weil man sie nicht mehr bräuchte, sondern weil der Innenausbau des Gasometers beginnt. Unter großer Anteilnahme der Medien begann die Demontage, die eine Woche dauern wird.
Die Demontage erfolgte wieder durch die Fachleute von Nüssli. In sechs LKWs geht’s dann nach Düsseldorf. Dort werden die zerlegten Einzelteile der Kuppel eingelagert und warten auf ihr drittes Leben als Bestandteil des neuen EUREF-Campus Düsseldorf. Ein bisschen Wehmut klang schon mit, als Stahlträger für Stahlträger abgebaut wurden. Eine Veranstaltungslocation wie diese, eine Glaskuppel, eingebettet in die Hülle eines Gasometers, wird es nie wieder geben. Schade, dass es wegen des Corona-Virus nicht zu einer würdevollen Verabschiedung kommen konnte.
Freuen wir uns also auf die Neueröffnung demnächst in Düsseldorf.