rbb-Bürgertalk Wem gehört die Straße auf dem EUREF-Campus Berlin

09.04.2025

Die Gesprächsreihe des rbb „Wir wollen reden“ wurde gestern Abend live vom EUREF-Campus Berlin gesendet. Neben rund 50 Bürgerinnen und Bürgern nahmen Johannes Wieczorek, Staatssekretär für Mobilität und Verkehr, Roland Stimpel von Fuss e.V., Ragnhild Sörensen von Changing Cities e.V. und Simon Schütz vom Verband der Automobilindustrie teil. Sascha Hingst moderierte die einstündige Sendung.

Eigentlich ist die Antwort auf die Fragestellung der Sendung „Wem gehört die Straße?“ ganz einfach: Sie gehört uns allen. Es gibt jedoch sehr unterschiedliche Interessen zwischen Fußgängern, Fahrrad- und Autofahrern, wobei es natürlich Überschneidungen gibt. Jeder ist auch zu Fuß unterwegs, und viele Menschen nutzen sowohl das Auto als auch ihr Fahrrad. So gibt der Vertreter der Automobilindustrie freimütig zu, mit dem Fahrrad ins Büro zu fahren.

Steigende Zahl der Unfallopfer im Vergleich zum Vorjahr

Die Sendung begann mit Beispielen über Unfallopfer. „Im Berliner Straßenverkehr starben 2024 laut offizieller Statistik 55 Menschen. Im Jahr zuvor waren es 33.  Auch wenn Unfallopfer mit dem Leben davonkommen, können die Folgen Lebensträume zerstören und persönliche Krisen auslösen. Im laufenden Jahr sind bisher 10 Menschen im Berliner Straßenverkehr gestorben.“, heißt es in einem Text des rbb zur Sendung.

Für die Vertreter der Fußgänger- und Fahrrad-Lobby ist die Sache klar: Tempo 30 auf allen Straßen, das würde dem Ziel von Null Verkehrstoten näherkommen. Staatssekretär Wieczorek wies darauf hin, dass in Deutschland Tempo 50 als Regelgeschwindigkeit gelte. Änderungen seien nur durch die Bundesregierung und den Bundesrat möglich.

Ältere Menschen am häufigsten von Unfällen betroffen

Das schwächste Glied in der Kette der Verkehrsteilnehmer sind Fußgänger. Am regeltreuesten verhielten sich einerseits ältere Menschen, sie sind aber andererseits am häufigsten von Unfällen betroffen. Die Positionen der Verkehrsteilnehmer, das wurde in der Diskussion deutlich, sind wenig kompatibel. Vor allem das Auto steht in der Kritik. „Diejenigen, die auf ein Auto angewiesen sind, müssen die Möglichkeit haben, es fahren zu können“, sagte Simon Schütz vom Verband der Automobilindustrie.

Der rbb machte im Vorfeld der Veranstaltung ein Experiment an der viel befahrenen Kreuzung am Kottbusser Tor. Zweieinhalb Stunden lang beobachtete ein Kamerateam den Verkehr. Das Ergebnis ist erschreckend: dreimal fuhren Autos bei Rot über die Ampel, fünfmal wurden beim Abbiegen andere Verkehrsteilnehmer übersehen – passiert ist zum Glück nichts – 19mal haben Fußgänger bei Rot die Ampel überquert. Die schlechteste Bilanz weisen allerdings die Fahrradfahrer auf: 46mal fuhren sie in den zweieinhalb Stunden bei Rot über die Kreuzung, 48mal fuhren sie auf dem Bürgersteig, was nicht nur verboten ist, sondern auch die Fußgänger gefährdet. Das Problem, das die E-Scooter verursachen, wurde nur am Rande gestreift.

Rücksichtslosigkeit und zu wenig Fahrradwege

Rücksichtlosigkeit ist das größte Problem. Hielten sich alle an die Regeln und zeigten mehr Empathie gegenüber den jeweils anderen, würden die Opferzahlen sinken. Beklagt wurde unter anderem, dass es, gerade für ältere Menschen nicht möglich ist, eine größere Straße in einem Durchgang zu überqueren, weil die Ampelphase nur bis zur Mittelinsel reicht. Staatssekretär Wieczorek wies darauf hin, dass der Verkehr fließen müsse, um Staus zu vermeiden.

Gefordert wurde, dass der Senat bei Problemen im Straßenverkehr durchgreifen müsse. Die Senatsverkehrsverwaltung könne zwar Anordnungen treffen, für die Umsetzung seien jedoch die Bezirke zuständig, erklärte der Staatssekretär. Beklagt wurde, dass es zu wenig sichere Fahrradwege gäbe. Schaut man sich allerdings in der Stadt um, sind inzwischen sehr viele davon entstanden.

Eine Annäherung der unterschiedlichen Interessen der Verkehrsteilnehmer wurde in der Diskussion nicht erreicht.

Den aus dem Wasserturm auf dem EUREF-Campus Berlin gesendeten rbb-Bürgertalk können Sie hier in der Mediathek sehen.

EUREF-Newsletter

Bleiben Sie up to date und melden Sie sich für den Newsletter an!